Poststraße wird zur Proteststraße

Busse werden schmerzlich vermisst – Jetzt gehen auch Ärzte auf die Barrikaden

Gerade Orthopäden müssen es absurd finden, wenn man ihren Patienten die Bushaltestelle vor der Haustür wegnimmt. Sie und weitere Vertreter von Heilberufen verstärken jetzt die Protestwelle in der Poststraße.

Von SZ-Redakteur

Bernhard Geber

Völklingen. Dr. Matthias Kern, Dr. Björn Bersal und Dr. Andreas Karsten kümmern sich im neuen Orthopädiezentrum Saar in der Völklinger Poststraße um Patienten, die nicht mehr richtig gehen können. Diese Bushaltestelle in der Hüttenwerkstraße hätten sie ihnen sicher nicht verschrieben.

Das ist geschehen: Die Haltestelle in der Poststraße ist seit Jahreswechsel verschwunden. Und nun dienen die Völklinger Verkehrbetriebe (VVB) per Aushang vor Ort als Alternative die Haltestelle Hüttenwerkstraße an. Verfolgen wir einmal den Weg von dort zum Orthopädiezentrum: Man steigt in einigen 100 Metern Entfernung fast schon in Höhe Bahnhof aus. Ortskundige können nicht einmal wahrnehmen, wie es von dort zur Poststraße geht. Man muss neben der stark befahrenen Hüttenwerkstraße auch noch die Zufahrt zum Saarstahl-Torhaus (alternativ die zu Globus) überqueren. Wenn man’s geschafft hat, landet man auf einem Parkplatz, der unterhalb der Rückseite eines Gebäudekomplexes an der Poststraße liegt. Auch dort muss man zunächst nachdenken, wie man in die Poststraße kommt – es sei denn, man kennt den Zweck einer steilen Treppe im Hintergrund. Wer die geschafft hat, kann dann die Glastür zum Durchgang öffnen.

Als es die Bushaltestelle noch gab, hätte er direkt in der Poststraße gestanden. Und nur wenige Schritte gehabt hin zum Orthopädiezentrum, weiteren Fachärzten, zum Orthopädieschuhmacher, zum Optiker, zum Sanitätshaus, zur Apotheke, zum Physiotherapeuten, zu weiteren Dienstleistern und den Fachgeschäften, die sich unverdrossen in der Straße halten.

Schon in der vergangenen Woche hat sich massiver Protest geregt. Thorsten Gundacker-Dollak, Geschäftsführer der VVB, wollte aufklären und beruhigen, hat aber eher Öl ins Feuer gegossen. Auf den Aushang und ein Rundschreiben von ihm reagierte die Arbeitsgemeinschaft Poststraße mit einer weiteren Spontan-Demonstration, der sich auch Vertreter von Heilberufen rund um den Orthopäden Dr. Matthias Kern anschlossen.

Gundacker-Dollak verwies unter anderen darauf, man habe in der Poststraße pro Betriebstag nur um die 100 Fahrgäste gezählt. Rechnerisch seien pro Bus 1,3 Personen ein- oder ausgestiegen. „100 Leute täglich sind 3000 pro Monat“, hält Hans Agostini, Kaufmann und Vorsitzender des Völklinger Wirtschaftskreises, entgegen. Und auch die – ebenfalls angebotene – Haltestelle in der Bismarckstraße bedeute für altere und gehbehinderte Menschen „einen Wandertag“. „100 Fahrgäste pro Tag sind 3000 im Monat.“